eCommerce / MultiChannel im Mittelstand

Im Zuge einer Master Arbeit wurde ich von einem Studenten zu meiner Einschätzung des MultiChannel / OmniChannel gebeten. Fand die Fragen nur gut und denke, sollte auch für andere Unternehmer im Mittelstand nur interessant sein. Hier also mein Feedback vom 05.12.2016 auf die Fragen und habe ergänzend auch ein YouTube Video erstellt.

1. Was halten Sie persönlich von Omni-Channel / bzw. Multi Channel Strategien?

Ich persönlich gehe davon aus, das MultiChannel fester Bestandteil des B2C Handel heute schon ist (OBI, MSH, IKEA, real,- u.a.) und sich auch im Mittelstand weiter etablieren wird. Unternehmen mit bestehender Präsenz vor Ort, gewachsenem Kundenstamm und Historie, regionale Player, haben im MultiChannel eine große Chance auf zusätzlichen Umsatz und stärkere Bindung der Bestandskunden. Neuen Unternehmen, StartUps, bietet Omni-Channel die Chance auf Vertrauen bei Neukunden, da eine Präsenz vor Ort vorhanden ist. Omni-Channel bedeutet, den Kunden über alle neuen Kontaktkanäle zu erreichen. Es ist eine Kombination von OnlineShop, Fläche, Social Media, mobile Lösungen und digitalen Angeboten am POS und bietet Marken und Händlern die Chance, von permanenter Präsenz beim Kunden.

2. Müssen Handelsunternehmen Ihrer Meinung nach eine Omni-Channel Strategie verfolgen um in der Zukunft bestand zu haben?

Die Zeit hat gezeigt, das Unternehmen wie Cyberport, Notebookbilliger, die als reine PurePlayer im Internethandel gestartet sind, nun auch mit Verkaufsflächen in der Innenstadt präsent sind. Unternehmen wie MediaSaturn, die stark in der Fläche sind, haben Ihre Online Präsenz ausgebaut. Dieser Trend ist auch bei amazon zu beobachten. Reine Internetshops, PurePlayer können auch in Zukunft Bestand haben, werden aber an Grenzen im Wachstum stoßen und müssen andere Wege finden zur Kundenbindung, wie z.B. Social Media. Umsatz über die Preispolitik und Preissuchmaschinen sind aktionsgetriebe Umsätze und für eine Geschäftsentwicklung auf mehrere Jahre, keine planbare Grundlage. Weiteres Kriterium ist die Produktauswahl und Branche, in der man aktiv sein mag. Gutes Beispiel wäre in diesem Fall das Unternehmen „Casper“, PurePlayer im Onlinevertrieb von Matratzen, ohne OmniChannel.

3. Viele Unternehmen verfolgen noch keine OC Strategie, wo liegen Ihrer Meinung nach die Gründe?

In der Kultur und der Tradition und in den Prozessen der Unternehmen. Die Digitalisierung wird nun seit mehreren Jahren angesprochen, kommt schwer an und viele Unternehmen überrennt die Geschwindigkeit und die Unruhe in den Prozessen. Investitionskosten, KPI, in klassische Medien wie Print und in der Verkaufsfläche, sind gelernt. Entscheider können nachvollziehen, was bei den klassischen Massnahmen läuft und die Vielfalt, Geschwindigkeit, in den digitalen Prozessen ist schwer nachvollziehbar für viele bestehende Unternehmen. Es fehlt der Mut zur Veränderung und viele Unternehmen scheitern an der letzten Konsequenz der Digitalisierung.

4. Welche Kernprobleme und Hürden sehen Sie bei der Implementierung?

Neue Verteilung der Investitionskosten, Anpassung der Unternehmenskultur, hohe Erwartungshaltung in kurzfristigen Zielen vs. starke Unterschätzung der langfristigen Möglichkeiten, Anpassung des Controlling und der Budgets im Unternehmen, Anpassung des Einkaufsprozesse und der Logistik. Digitalisierung bedeutet auch permanente Investition und Pflege der Technologie.

5. Womit haben das strategische und operative Management am meisten zu kämpfen?

In der Strategie bei Digitalisierung muss ein „Think Big“ rein – das ist unüblich für den deutschen Mittelstand. Hinzu kommen Investitionen, die auf mittel- und langfristige Denke ausgerichtet sind, das ist auch unüblich für mittelständische Händler in den Gesprächen mit Banken zur Finanzierung.

Konzerne sind den Schritt zum OmniChannel schon gegangen und sind mitten drin in der Transformation. Konzerne investieren in StartUps, das ein OTTO Konzernvorstand ein „Du“ allen Mitarbeitern anbietet, ist neu und das ein METRO CEO bei Twitter Präsenz zeigt, ist auch neu.

Im Mittelstand sind Geschäftsführer mit dem Unternehmen gewachsen, mit der Digitalisierung muss man nun Strategien eingehen, die man selber so schwer nachvollziehen kann. Es ist eine Welt von Digitalen Natives und Spezialisten, die Umsatz und Geschäft entwickeln, „nur am Computer“.

Im Operativen Alltag gehört ungemein viel Vertrauen rein, „Teamführung“ ist Koordination, richtungsvorgebend, der Fokus liegt im Wettbewerb und im Markt, das Vertrauen liegt beim Mitarbeiter. Daher ist die Unternehmenskultur und der persönliche Antrieb der Mitarbeiter, ungemein wichtig. Erfolg im operativen Alltag kommt mit Menschen, die eigenverantwortlich für das Unternehmen aktiv sind.

Die Zusammenarbeit mit externen Marketing & Technologie Dienstleistern ist im operativen Alltag ein weiterer Schritt, um das eigene Unternehmen in der digitalen Branche zu vernetzen, so erfolgt dann auch KnowHow Transfer in das eigene Unternehmen.

Im Einkauf und Controlling müssen Prozesse und KPI auf OmniChannel abgestimmt werden.

6. Wie können diese Probleme Ihrer Meinung nach gelöst werden?

  • Mehr Mut zu Veränderung
  • Neue Verteilung der Kosten im Marketing. Min. 20% des Jahresbudgets ins Onlinemarketing.
  • Permanentes Budget für Technologie Investitionen. (Feste Rücklage in der P&L)
  • Aktiv sein mit einer mittel- und langfristige Erwartungshaltung
  • Permanente Pflege und Optimierung der internen Controlling KPI
  • Engere Zusammenarbeit mit den „großen“ und „etablierten“ der eCommerce Branche
  • Zugriff und mehr Freiraum für „Digital Natives“
  • Anpassung der Unternehmenskultur an die „neue Denke“ der Wettbewerber

Ergänzend das YouTube Video: https://youtu.be/YgjS28UsdPQ